In der Veterinärmedizin findet derzeit ein Wandel statt. Für die Darstellung von Weichteilen und Knochenstrukturen wurde in der Vergangenheit auf zweidimensionale Bildgebungsmethoden wie Röntgen oder Ultraschall und auf erweiterte Verfahren wie MRT und Szintigrafie gesetzt. Nun rückt ein Gerät stärker in den Fokus – das CT. Diese Form der Bildgebung bietet ein extrem hohes Niveau, was die Anwendung, die Schnelligkeit und die Qualität der Diagnostik betrifft. Diese Entwicklung macht sich daher auch in Pferdekliniken bemerkbar.
Seit der Gründung der Hanseklinik im Jahr 2019 hat sich das Behandlungsportfolio bereits stark weiterentwickelt. Ab sofort gehört neben einem neuen Operations- und Aufwachraum, zwei neuen Behandlungsräumen, einer neuen Zahnstation und einer Erweiterung der Apotheke nun auch ein hochmoderner Computertomograph, der „Qalibra LB Exceed“, zum Leistungsangebot der Klinik. Was bedeutet das nun für die Patienten der Hanseklinik?
Dual-Energy-System: eine neue Ära der Diagnostik
Das Besondere am „Qalibra LB Exceed“ ist sein innovatives Dual-Energy-System, das mit zwei verschiedenen Spannungen arbeitet, um unterschiedliche Gewebsdichten darzustellen. Die Menge der absorbierten oder durchgelassenen Strahlung variiert je nach Dichte und Zusammensetzung der durchstrahlten Gewebe. Durch eine hohe Spannung können Weichteile wie Sehnen und Bänder detailliert abgebildet werden, mit einer niedrigeren Spannung Knochenstrukturen. Ein Röntgenbild der Lunge benötigt so beispielsweise 100 Kilowatt, während ein Scan eines Knochens nur 68 Kilowatt erfordert. Diese Fähigkeit, Gewebestrukturen in hoher Auflösung mit zwei unterschiedlichen Spannungen in einem Scan
darzustellen, ist eine Premiere in der veterinärmedizinischen Bildgebung. Weltweit sind bislang nur 40 dieser Dual-Energy-Systeme im Einsatz – davon eines in der Hanseklinik für Pferde. Dieses System ist aufgrund der Bildgebungsmöglichkeiten und der besseren Auflösung in der Lage, die Magnetresonanztomografie (MRT) bei Pferden in der Orthopädie weitgehend zu ersetzen. Hier sind sehr viele Untersuchungen an den Gliedmaßen am stehenden Pferd unter Sedierung möglich. Das CT wird darüber hinaus mehr Aufschlüsse
geben, wenn eine Röntgen- oder Ultraschalluntersuchung keine eindeutige Diagnose liefern kann. Auch in der Anwendung ist das CT-Gerät den bekannten Methoden einen Schritt voraus, denn es hat mit 0,28 Sekunden/16 cm eine extrem schnelle Untersuchungsdauer, was im Gegensatz zum MRT deutlich schneller ist.
Neue Räumlichkeiten für erstklassige Pferdebehandlung
Neben dem neuen Computertomographen erweitert die Hanseklinik auch ihre Räumlichkeiten. Sowohl der Bereich für die Orthopädie als auch der Bereich der Ophthalmologie (Augenheilkunde) erhalten einen eigenen Untersuchungsraum. Die klinikeigene Apotheke unter der Leitung von Dr. Brandenberger erhält einen Anbau, um den Patienten vor Ort ein noch größeres Arzneispektrum bieten zu können.
In der Pferdezahnmedizin hat sich in den letzten Jahren ebenfalls viel getan. Sie hat sich zu einem Spezialgebiet entwickelt, das wesentlich zum Wohlbefinden und zur Leistung der Tiere beiträgt. Aus diesem Grund wird die Klinik um eine separate Zahnstation ergänzt. Gerade die Zahnmedizin nutzt CT-Scans für präzise Diagnosen und Operationen. Grundsätzlich ist das Ziel jedoch, durch Prävention einen schweren Krankheitsverlauf zu verhindern. Um möglichst vielen Patienten diese Behandlungsmöglichkeiten anzubieten, werden drei Spezialisten das Team der Zahnstation unterstützen.
Disziplinübergreifendes Herzstück
Die höhenverstellbare Schiebebühne des Computertomographen ermöglicht die Darstellung der wichtigsten Körperregionen. Dabei bewegt sich das Gerät über das Pferd, und das Tier muss nicht mit einem Tisch in das Gerät transportiert werden. Diese Technik kann sowohl bei einer Untersuchung am stehenden sedierten Pferd durchgeführt werden als auch während einer Operation in Vollnarkose. Dabei gibt das CT-Gerät Aufschluss über alle inneren Strukturen, wie Organe, Muskeln, Sehnen, Knochen und Gelenke, oder auch über Umfangsvermehrungen und neurologische Anomalien. Durch einen Kran mit dem OP verbunden, kann das Gerät außerdem bei der punktgenauen Platzierung von Implantaten zurate gezogen werden. Dadurch findet es disziplinübergreifend seine Anwendung und bildet das Herzstück der Klinik. In der Orthopädie dient es der erweiterten Lahmheitsdiagnostik, in der Zahnmedizin für Scans des gesamten Kopfes und auch als fundierte Entscheidungsgrundlage, ob eine Operation notwendig ist. In der Chirurgie wird es zur Voruntersuchung für komplexe orthopädische Operationen zurate gezogen sowie für die CT gestützte Osteosynthese. „Der Computertomograph stellt eine große Bereicherung für die Klinik und in erster Linie für die Behandlung unserer Patienten dar. Besonders möchten wir uns auf innovative Anwendungsgebiete wie Beine im Stehen, insbesondere Weichteile wie Sehnen, sowie Untersuchungen im Liegen des unteren Halses, der Knie und des Beckens fokussieren, die bisher kaum möglich waren“, sagt Klinikleiter Dr. Jens Körner.
Bildquellen
- Hanseklinik vor Anbau: Hanseklinik