Auf vielen Dächern von Ställen und Reithallen sieht man sie bereits: Die Photovoltaik-Anlage. Um als Verein oder Betrieb Strom und Energie zu sparen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine Maßnahme ist dabei, den eigenen Strom zu produzieren. Im Rahmen des FN-Projekts “Grüner Stall” geht es um Klimaschutz, biologische Vielfalt und Nachhaltigkeit und somit auch um Einspar- und Optimierungsmaßnahmen in verschiedenen Bereichen, um eine Reitsportanlage möglichst ökologisch zu betreiben. Dabei geht es um die Nutzung von Wasser, Gas und Strom und um Tipps zur Anschaffung einer Photovoltaik-Anlage.
Eine Möglichkeit, als Betreiber einer Reitanlage selbst Strom zu erzeugen, ist die Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage). Mit Hilfe einer PV-Anlage können Vereine und Betriebe die Dachfläche von Reithallen, Ställen und ggf. weiteren Wirtschaftsgebäuden nutzen, um Sonnenenergie in Strom umzuwandeln.
Für den Bau einer PV-Anlage auf einem bestehenden Dach ist je nach Landesbaugesetz eine Baugenehmigung nicht zwingend notwendig. Auch bei der Installation auf einem Neubau benötigt der Betrieb nicht unbedingt eine Genehmigung. Bei einem Neubau wird zukünftig gesetzlich die Errichtung einer PV-Anlage gefordert.
Statik beachten
In jedem Fall muss jedoch die Statik des Dachs berücksichtigt werden: Durch eine PV-Anlage entsteht je nach Art und Größe der Module eine Mehrbelastung von 19 bis 30 Kilogramm pro Quadratmeter. Bei den statischen Überlegungen müssen Betreiber neben dem Eigengewicht der Anlage auch Zusatzbelastungen durch starken Wind sowie die lange Lebensdauer der PV-Anlage berücksichtigen. Die Dachhaut sollte also noch nicht zu alt sein, so dass das Dach die PV-Anlage über einen längeren Zeitraum von bis zu 30 Jahren zuverlässig tragen kann. „Zusatzlasten durch Schnee sind übrigens bereits in der Statik des Dachs selbst einberechnet und addieren sich somit nicht zusätzlich auf das Eigengewicht der Anlage“, so Elmar Brügger von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.
Zu berücksichtigen ist auch die Blendeinwirkung der Solarzellen. Diese dürfen nicht so auf dem Dach der Anlage installiert werden, dass Menschen und Tiere im Umfeld in nebenstehenden Gebäuden, die höher sind, durch Sonneneinstrahlung auf der PV-Anlage geblendet werden. Beim Bau einer Photovoltaik-Anlage auf einem denkmalgeschützten Gebäude sind entsprechend weitere Vorgaben, die seitens der Denkmalschutzbehörde auferlegt werden, einzuhalten. Der Bau einer Anlage auf einem solchen Dach kann ggf. auch verweigert werden.
Eigenbedarf decken
Soll eine PV-Anlage auf dem Dach des Reitbetriebs installiert werden, stellt sich die Frage, ob der gewonnene Strom ins öffentliche Netz eingespeist oder selbst genutzt werden soll. Denkbar ist zudem eine Mischung aus beiden Optionen. Wird der Strom ins Netz eingespeist, erhält der Betreiber je nach Auslegung der PV-Anlage sowie Stand des geltenden EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) eine Vergütung pro eingespeister Kilowattstunde. Wirtschaftlich gesehen sind PV-Anlagen sinnvoll, wenn der Betrieb den Strom selbst nutzt und den Überschuss in das öffentliche Netz einspeist. Denn der selbst produzierte Strom ist durch wegfallende gesetzlichen Kosten wie Stromsteuer, Netzentgelt und Umlage deutlich günstiger als der Bezugsstrom.
Strom speichern
Von dem produzierten Strom durch eine PV-Anlage können in der Regel je nach Größe der PV-Anlage und dem Strombedarf eines Pensionspferdebetriebs rund 30 Prozent direkt verbraucht werden, denn vor allem in der Mittagssonne produziert eine Anlage mit Südausrichtung am meisten Energie. Die zu dem Zeitpunkt produzierte Menge übersteigt also den aktuellen Strombedarf des Betriebes. Mit Hilfe eines Speichers (Akku, Batterie) kann der überschüssige produzierte Strom gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt verbraucht werden. „Wirtschaftlich betrachtet ist das Speichern aktuell je nach PV-Anlagengröße nur bei Altanlagen (Bau bis März 2012) interessant, bei denen der Betreiber den Eigenverbrauch noch vergütet bekommt. In allen anderen Fällen sollten Betreiber genau rechnen, ob sich die Anschaffung eines Speichers lohnt“, so die Empfehlung von Elmar Brügger. Das Speichern des Stroms lohnt sich dann, wenn der selbst produzierte Strom günstiger ist als der vom Versorger gekaufte Strom. Je niedriger also der Strompreis eines Lieferanten ist, umso weniger rechne sich ein Speicher. Aktuell gehen die Strompreise weiter zurück. Auch die Investitionskosten der Speicher sinken zwar leicht, aber seien in der Anschaffung dennoch zu teuer, um langfristig eine positive Wirtschaftlichkeit zu erzielen. Es sollte im jeweiligen Einzelfall entschieden werden, ob sich der Kauf eines Speichers tatsächlich rechnet. Bei einer neuen Speicheranlage müssen etwa 780 bis 1200 Euro netto pro kWh Speicherkapazität gerechnet werden. Wie groß die Speicherkapazität sein sollte, hängt von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise der Leistung und Ausrichtung der PV-Anlage und dem Eigenverbrauchsbedarf. Sowohl bei der Batterie als auch beim Wechselrichter – eine Wechselrichteranlage erzeugt aus dem Gleichstrom der PV-Module Wechselstrom für den Gebrauch – sind in jedem Falle auch Brandschutzauflagen zu beachten.
Kosten und Förderung
Die Kosten für die Anschaffung einer PV-Anlage sind zuletzt ganz leicht gesunken. Bei einer Anlage mit einer Leistung von 30 kWp (p steht für peak = Spitze, Spitzenleistung unter Standardbedingungen im Labortest) entstehen beispielsweise in der Region Münsterland Kosten von 1.100 bis 1.300 Euro netto pro kWp (ohne Batterie). Hierin enthalten sind die Kosten für das Untergestell, die Module, das Solarkabel, den Wechselrichter, Erdkabel, Schutzeimrichtungen, ggf. den Schaltschrank sowie die Montage. Solch eine PV-Anlage entspricht ungefähr für einen Pferdebetrieb mit 60 bis 70 Pensionspferden, der auch ein Turnier im Jahr veranstaltet.
Für die Errichtung einer PV-Anlage können Betriebe zinsgünstige Darlehn und ggf. Förderungen in Anspruch nehmen. Bei der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) können Betriebe ein zinsgünstiges Darlehen im Rahmen des Förderkredits für Strom und Wärme erhalten. Grundsätzlich kann jeder zukünftige PV-Betreiber die EEG-Vergütung (EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz) in Anspruch nehmen. Hierbei handelt es sich um eine Förderung, die der Betrieb bekommt, wenn er Strom in das öffentliche Netz einspeist. Möglich ist auch eine Förderung durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Diese kann jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn es sich um einen Pferdezuchtbetrieb handelt. Da nur der Eigenverbrauch gefördert wird, lohnt sich diese Unterstützung vor allem dann, wenn der Eigenbedarf eher hoch ist. Ist der Eigenbedarf eher gering, sollten Betriebe abwägen, ob sich der Aufwand für die Antragsstellung lohnt, da diese bei den verschiedenen Förderungsmöglichkeiten teilweise aufwendig und teuer ist.
Für Betriebe in Nordrhein-Westfalen bietet die Seite https://www.energy4climate.nrw ein sogenanntes Fördernavi an, das Informationen zu verschiedenen Förderungsmöglichkeiten bietet. Bundesweit kann auf die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zurückgegriffen werden (www.foerderdatenbank.de).
Mit der Anschaffung und dem Betreiben einer PV-Anlage auf der Reitanlage können Betriebe und Vereine auch etwas Gutes für die Gemeinschaft tun – denn sie tragen zur Gewinnung von sauberem Strom bei und leisten einen Beitrag für den Umweltschutz. fn-press/Lina Meyer
Checkliste für die Praxis:
- Standort ermitteln
- Dachhaut und Statik berücksichtigen
- Strombedarf des Betriebs erfassen
- Eigenbedarf: Betriebe sollten Strom selbst nutzen und den Überschuss einspeisen
- PV-Netzeinspeiseantrag beim Netzbetreiber stellen
- Angebote und Errichtungstermine einholen
- Speicher: Ob sich eine Anschaffung rechnet, sollte im jeweiligen Einzelfall entschieden werden
- Checken, ob Förderung möglich und ob sich das Stellen eines Antrags rechnet
- Finanzierungsplan erstellen
Informationen zur Stromerzeugung durch PV-Anlagen in Vereinen und Betrieben bietet zudem das Buch „Pferdehaltung, Ställe & Reitanlagen. Orientierungshilfen für Bau und Modernisierung“ aus dem FNverlag von Gerlinde Hoffmann.
“Experten-Talk” am 27. Mai – Online Fragen stellen
Zum Thema “Energie- und Kosteneinsparung” lädt die FN auch wieder zu einem kostenlosen Experten-Talk ein. Diese Online-Konferenz findet am ´27. Mai von 19 bis 21 Uhr statt. Die rasant steigenden Energiepreise stellen besonders auch Pferdebetriebe und Vereine vor große Herausforderungen. Verschiedene Referenten geben beim Experten-Talk Tipps, Hilfestellungen und beantworten Fragen. Anmeldungen sind ab jetzt bei Eva Waniek per Mail an ewaniek@fn-dokr.de möglich.