(Genf) Seine kleine Tochter bot Ablenkung in der Kiss & Cry-Zone: Steve Guerdat, der Schweizer Europameister, der offenkundig ein begeisterter Vater ist, musste warten. Warten auf die Runden von Weltmeister Henrik von Eckermann (SWE) und Shane Sweetnam (IRL), denn beide rangierten nach dem ersten Umlauf im Top-Ten-Finale Genf vor ihm. Nach ca. fünf bangen Minuten stand es fest: der Europameister hat zum dritten Mal das Rolex IJRC Top-Ten-Final gewonnen, diesmal mit Venard de Cerisy, dem 14 Jahre alten Selle-Francais-Wallach. Zwei tadellose Runden, die letzte in 48,13 Sekunden, bescherten dem 41-jährigen aus Bassecourt den Sieg im mit 500.000 Schweizer Franken dotierten Finale.
Ein Fest nicht nur für Guerdat und seine Familie, sondern auch für das Publikum auf den vollen Tribünen der Palexpo-Arena. Die Zuschauer/innen erlebten ein absolut hochklassiges und unterhaltsames Finale, das letztlich auch Parcourschef Louis Konickx mit seinem Schweizer Kollegen Gerard Lechat Aktiven und Gästen ermöglichte. Konickx “sortierte” das Top-Ten-Feld ziemlich elegant auf sehr hohem Niveau. Immerhin – es sind in jedem Jahr die besten Pferde der Welt, die im Finale zu sehen sind. Das “Sahnehäubchen” in der zum Bersten gefüllten Arena war der Sieg des Eisgenossen für die Pferdefans auf den Plätzen. Guerdat blieb am Ende tatsächlich der Einzige, der das genau richtige Rezept für Distanz und Tempo fand mit seinem Wallach aus der Zucht des Cerisy La Foret (L. Vincent und G. Vincent). Mit Mut zum Risiko, aber eben nicht zuviel davon. Beinahe hätte der Ire Shane Sweetnam mit dem ISH-Wallach James Kann Cruz eine sensationelle Premiere bei seinem allerersten Top-Ten-Finale feiern können, aber dann fielen in Runde zwei gleich zweimal Stangen und warfen den Iren und seinen sympathischen Schimmel auf Rang sechs zurück.
Stattdessen eroberte Henrik von Eckermann, Doppel-Weltmeister aus Schweden und seit 17 Monaten Nummer eins der Weltrangliste, mit seinem King Edward Platz zwei. Auch dieses Dream-Team kassierte nach fehlerfreiem Durchgang im ersten Umlauf in Runde zwei einen Fehler in 48,52 Sekunden und die Enttäuschung war dem Vorjahressieger deutlich anzumerken. Dritter ist der US-Amerikaner Kent Farrington, der Jahr um Jahr die Reise aus den USA nach Genf mit den Pferden auf sich nimmt und artig dem Publikum für die prickelnde Atmosphäre dankte. Mehr noch galt der Dank aber seiner wunderbaren Oldenburger Stute Greya von Colestus aus der Contessa von Contender, die aus der Zucht von Wilfried Sandmann (Hüven) stammt und übrigens zuvor auch von der Deutschen Meisterin Mylen Kruse (Zeven) geritten wurde.
Zwei weitere Pferde aus deutscher Warmblutzucht gehörten zum Rolex Top-Ten-Finale: der Holsteiner Conner Jei von Connor aus der Verona S von Cosimo (Züchter: Gerhard Stamer, Duvensee) mit dem Weltranglistenfünften Martin Fuchs (Platz 5) und der Holsteiner Monaco N.O.P. von Cassini II aus der Ulla II von Contender aus der Zucht des Haseldorfers Ralf Lütje. Harrie Smolders Spitzenpferd erwischte keinen guten Tag und ging mit drei Springfehlern aus Runde eins. Smolders: “Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, wann das mal passiert ist. Monaco ist und bleibt trotzdem das beste Pferd meines Lebens.”